Marke Wilhelm Steinberg (Klavierbau) ist bei Wikipedia mit einem interessanten Eintrag über die fast schon typische Geschichte einer deutschen Klavierfirma vertreten. So ist unsere Klaviermarke aus der Blütezeit des Klavierbaus hervorgegangen. Anschließend überstand sie die Einschränkungen in der Zeit der DDR ohne allzu große Probleme und wurde danach von der Thüringer Pianoforte GmbH übernommen. 2008 lies man sich auf einen chinesischen Partner ein, der 2015 in einem günstigen Moment das Unternehmen vollständig übernahm. Diese Geschichte wirft einen dunklen Schatten auf die Parsons Music Group, so heißt nämlich die Firma aus China. Das hat jedoch den ebenfalls deutschen Klavierbauer Grotrian-Steinweg nicht davon abgehalten, im April 2015 Teile seines Unternehmens an diese Gruppe zu verkaufen. Im Zusammenhang mit dem Thema Marketing sind nur wenige Klavierproduzenten lobend zu nennen, was mich dazu animiert hat, eigene Gedanken über ein aus Kundensicht traumhaftes Klaviermarketing zu formulieren. Davon lesen Sie in meinem Blog Pianoleaks.
Das folgende Video zeigt, worum es aktuell geht: Es ist eine Lobeshymne auf die Marke Wilhelm Steinberg und den Standort Eisenberg in Thürigen, gesprochen auf Chinesisch von dem neuen Eigentümer, Herrn Terence Ng, dem Inhaber der Parsons Music Group, mit englischen Untertiteln. In dem Video wird ausdrücklich die Handarbeit und somit der Mensch als Fachmann wertgeschätzt. Man sieht die Arbeiter, die wie überall auf der Welt bereit sind, entsprechend ihren Möglichkeiten und ihrer Erfahrung gute Produkte zu bauen. Doch sie hängen ab von einem Management, das in der Regel ein Klima und somit eine Motivation erzeugt, die verhindert, dass tatsächlich das optimale Ergebnis erreicht wird.
Kommen wir nun konkret zu Klavier, mit dem die Aufnahmen der Hörbeispiele erstellt worden sind. Die Verstimmung des circa 6 Jahre alten Klaviers der Marke Wilhelm Steinberg aus Thüringen, ist nicht dramatisch. Doch die Abweichungen sind immerhin so stark, dass sich kein Klavierspieler auf einem solch verstimmten Instrument um das eigentliche Ziel des Klavierspiels bemühen mag, nämlich um das ausdrucksstarke, da gefühlvolle Spiel. Die Vielzahl der in sich verstimmten Einzeltöne sowie entsprechend disharmonischen Intervalle zwingen Klavierspieler und deren Zuhörer, sich die Differenz zum erwünschten Soll-Ton zurecht zu hören. Das heißt nichts anderes, als dass man sich das Klangbild im Hörzentrum zu der erwarteten Wunschtonhöhe hinbiegen muss. Je nach Differenz erfordert dieser Vorgang der willkürlichen Anpassung Konzentration. Doch unsere Aufmerksamkeit ist ein begrenztes Gut. Das Gehirn braucht für die Fokussierung, das damit verbundene bewusste Wahrnehmungen und Verarbeiten der Daten viel Sauerstoff sowie ein hohes Maß an Energie. Konzentrierte Arbeit führt zu einer entsprechend starken Ermüdung. Das bedeutet, dass das aufgrund der Verstimmung erzwungene Zurechthören einen Teil jener Energie frisst, die wir eigentlich bräuchten, um eine neue Spieltechnik oder ein neues Stück zu lernen, beziehungsweise um eben das expressive, da affektive Klavierspiel zu verfeinern. Der Lernprozess selbst wird somit anstrengend und das heißt letztendlich, dass er emotional negativ besetzt wird. Wirtschaftlichkeit, genau genommen Sparsamkeit im Umgang mit den energetischen Ressourcen ist für unser Gehirn eine Überlebensfrage! Die Konsequenz daraus ist, dass man früher oder später keine Lust mehr auf diese zusätzliche Anstrengung hat. Das lässt sich gut begründen, da eines der wesentlichen Ziele des Klavier spielen Lernens die Selbstharmonisierung am Piano ist. Das heißt, Klavierspieler wollen über das zur Entspannung animierende Klangmuster des Pianos Stress abbauen. Ein aufgrund der Verstimmung anstrengender Lernprozess baut hingegen Stress auf. Klarer Fall: Die Stressvermeidung hat Priorität. Die vermeidbare, da freiwillige Anstrengung wird dauerhaft abgestellt.
Wilhelm Steinberg verstimmtDieses unerwünschte Ergebnis muss sowohl bei den Klavierbesitzern selbst als auch bei den Klavierlehrern die Alarmglocken läuten lassen. Denn das würde ja bedeuten, der Klavierkauf, der Klavierunterricht und all die damit verbundene Zeit des Übens waren eine Fehlinvestition. Ein Lernversuch mit negativem Ausgang ist aber für die Bereitschaft zu zukünftigen Entwicklungen eine Katastrophe! Man wird nicht nur keine Herausforderungen mehr suchen, sondern sich notwendigen Veränderungen verweigern, anstatt sich ihnen erfolgreich lernend anpassen zu können.
Gestatten Sie mir einen kurzen Transfer auf die Mitte 2016 aktuelle Lage in Europa: Anpassung ist einer der Schlüssel, warum sich Menschen weltweit in allen Regionen unter den extremsten klimatischen Bedingungen verbreiten konnten. Der Homo Sapiens hatte die Eigenschaft, sich anpassen zu können. Die aktuell stattfindenden Terroranschläge des so genannten Islamischen Staats sind möglicherweise ein Angriff auf unsere Freiheit, wie uns das Politiker zu vermitteln versuchen. Selbstverständlich erfordern sie eine Anpassung. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man offiziell eingesteht, dass es den umfassenden Schutz auch nicht zum Preis einer immer höheren Polizeipräsenz gibt. Erzwungene Anpassung erleben wir als negativ. Doch in dem Wort Notwendigkeit steckt die Fähigkeit, die Not zu wenden. Sucht man also nach den Chancen, die mit einer aktuell ratsamen Anpassung verbunden sind, so verpacken wir Anpassung als eine positive Erfahrung. Das Internet könnte uns bei einer Vielzahl denkbarer Alternativen konstruktiv unterstützen. Anstelle Live-Musikevents und somit Massenveranstaltungen zu besuchen, könnte man sich verstärkt darauf konzentrieren, mit den zeitgemäßen Möglichkeiten zu lernen, selber zu musizieren. Es könnte eine äußert positive Entwicklung einsetzen, nämlich weg vom passiven Musikkonsum hin zur aktiven Entfaltung des eigenen musikalischen Potenzials. Die Musik würde unendliche viele Anstöße und in der Summe genau jenen Impuls-Schub bekommen, den musiksensible Menschen seit langem vermissen. In der Nebenwirkung würden die so zur Musik als Ausdrucksmittel ihrer Gefühlswelt befähigten Menschen gesellschaftlichen Gestaltungswillen entwickeln.
Wieder zurück zu unseren Hörbeispielen: Nach dem Stimmen frage ich meine Kunden gerne, wie ihnen die neue Stimmung gefällt. Um aber eine wirklich überzeugte Antwort zu erhalten, müssten die Klavierspieler nun die vor ihrem inneren Ohr gespeicherte vorherige Verstimmung mit der nun aktuellen Stimmung vergleichen können. Dieser Versuch muss natürlich scheitern. Interessanterweise sind wir Menschen offensichtlich auf das Positive hin ausgerichtet. Die zuvor als störend empfundene Verstimmung haben wir in dem Moment vergessen, in dem wir die neue Stimmung hören. Eine objektive Bewertung kann man so nicht bekommen. Aus den intensiven Dialogen mit meinen Kunden haben sich eher zufällig die Hörbeispiele entwickelt. Diese ermöglichen erst den echten Vergleich und somit eine solide Bewertung.
Wilhelm Steinberg gestimmtWenn ich mir selbst die Aufnahmen anhöre, stelle ich mir die Frage, ob ich den Unterschied hören und somit die Verbesserung beweisen kann. Dementsprechend bin ich natürlich bei jedem Stimmen höchst motiviert. Für das Klavier der Marke Steinberg aus den Hörbeispielen auf dieser Seite gelingt der Beweis vor allem im Rahmen der Interpretation. Im ersten Teil meines Probespiels geht es mir darum, einmal alle Töne des Instruments anzuspielen, um sowohl die Funktion der Mechanik als auch durch das Spiel über den vollen Tonumfang von 7 Oktaven den Grad der Verstimmung zu überprüfen. Im zweiten Teil dreht sich alles um die Musik. Wie hört sich ein Lied auf einem zuerst verstimmten und dann gestimmten Klavier an und wie wirkt sich die Qualität der Stimmung auf die Spielart und somit auf die Interpretation aus? Hört man beim Musizieren tatsächlich einen qualitativen Unterschied?
Trotz der Verstimmung bemühe ich mich bereits beim ersten Probespiel um eine gute Interpretation des Stücks und spiele es nicht einfach gefühllos herunter. Dennoch wirkt das Praeludio, wie ich meine Kurzfassung des C-Dur-Praeludiums von Johann Sebastian Bach nenne, nach dem Stimmen viel intensiver. Zum einen sind die Töne wirklich Töne und nicht mehr Klangbrei wie zuvor. Damit verbunden sind die Intervalle präziser. Die Erwartung des inneren Hörens wird erfüllt. Jetzt bekomme ich als Klavierspieler den kognitiven Freiraum und somit gefühlsmäßig regelrecht Lust darauf, den feinen Unterschied durch die Betonung sowie durch die Gestaltung der Pausen zwischen den Tönen herauszukitzeln. Das Musizieren beginnt, ein emotional aufgeladener Kommunikationsprozess zu werden, der unter die Haut geht. Das ist der Unterschied, der gute Musik auszeichnet, nämlich die Möglichkeit zu erhalten, Gefühle über die Gestaltung des feinen Unterschieds überhaupt erst ausdrücken zu können. Erst dann wird nämlich aus Noten/Tönen auch Musik!
Das klingt gut, sagen Sie. Aber stimmt das wirklich? Ausgezeichnet. Vielen Dank für Ihre Frage! Wie ist das im Vergleich mit der Sprache? Sprache besteht aus Buchstaben. Buchstaben brauchen erst die richtige Kombination, damit sie in Worten Sinn und somit einen konkreten Mehrwert bekommen. Worte alleine sind zu wenig, um eine flüssigen und vollständigen Austausch an Informationen über das Medium der Sprache zu ermöglichen. Erst wenn wir
kann der sprachliche Austausch zu einer beide Seiten bereichernden Diskussion führen. Um eine Sprache gut zu lernen, um also für die passende Verwendung von Worten und Satzbausteinen das richtige Gefühl zu entwickeln, ist es effektiver, sich mit der Welt zu umgeben, in der diese Sprache lebt. Das heißt, man soll Zeitungen und Bücher, Nachrichten und Kinofilme in der Zielsprache lesen und hören, um sein Sprachgefühl relevant zu verbessern. Musik als Sprache der Gefühle zu erlernen, umfasst daher weit mehr als
Erst wenn wir auf der Ebene des emotional-expressiven Spiels angelangt sind, sind wir vom Notenumsetzer zum Musiker geworden. Der Musiker wird Stücke also immer als einen Spiegel seiner emotionalen Befindlichkeit derart vortragen, dass sie ihm selbst ebenso wie seinen Zuhörern unter die Haut gehen. Dieser von Anfang an ersehnte Effekt des Musizierens kommt aber erst zustande, wenn es uns gelingt, über den musikalischen Ausdruck von Gefühlen auf dem Weg der Empathie in einem sich schließenden Kreis Emotionen anzusprechen! Das ist der Kern von Musik und somit das Zentrum unserer Sehnsucht, nämlich unsere emotionale Befindlichkeit über den musikalischen Dialog kommunizieren zu können.
Erinnern Sie sich, wie es war, kurz nachdem Sie geboren wurden? Vermutlich nicht. Aber vielleicht sind Sie Vater oder Mutter und erinnern sich an die Geburt Ihres Kindes. Man kann lesen, dass der Geburtsprozess eine Art Trauma ist, das circa 6 Monate zur vollständigen Verarbeitung benötigt. Das ist nachvollziehbar, denn es geht um mehr als nur um eine Trennung. Es geht um das Beenden eines Zustands, den wir empathiefähige und sozial ausgerichtete Wesen als ideal empfinden, nämlich die Verschmelzung, die Einheit, die Verbundenheit mit dem Ganzen. Das haben wir 9 Monate als Embryo erlebt. Diese Zeit prägt wesentlich unsere Erwartungshaltung an das Leben nach der Geburt. In die Welt geworfen haben wir nichts als unsere Stimme, um unsere Wünsche auszudrücken. Die Tonlagen und somit die einfachsten Mittel der Musik dienen uns vorsprachlich dazu, um unsere Befindlichkeit mitzuteilen. Die später gelernte Sprache ist nicht das Gleiche. Sprache ist Ausdruck unseres bewussten Denkens. Emotionen färben diese gedanklichen Inhalte ein oder laden sie zusätzlich auf. Bei einem guten Kabarettisten vergeht einem das Lachen. Denn der will sie nicht unterhalten, sondern aufrütteln. Er beherrscht die hohe, da seltene Kunst, Inhalte auch sprachlich emotional derart aufzuladen, dass sie uns nicht nur unter die Haut gehen, sondern wir uns regelrecht in einem Emotions-Kokon verpackt fühlen! Musik ist daher viel besser als Sprache geeignet, unsere Emotionen auszudrücken.
Genießen Sie im folgenden Video den Ausschnitt aus der Rede des Kabarettisten Georg Schramm bei der GLS-Bank 2014: